Mit ihrem Buch „Russische Frauen“ will Daria Boll-Palievskaja das stereotype „Russinnen“-Bild in Deutschland um einige Facetten bereichern. Es gibt nur heiratswillige, langbeinige Schönheiten namens Natascha oder alte Frauen mit Kopftuch und Goldzähnen? Nein! Boll-Palievskaya gelingt es in einem Galopp durch Literatur, Religion, Gesellschaft und Geschichte auf nur 55 Seiten mit diesen und anderen Vorurteilen aufzuräumen.

Ihr Buch ist unterhaltsam, nicht zuletzt deshalb, weil sie auf Neutralität wenig Wert legt. Obwohl sie der Pauschalisierung den Kampf ansagt, wird sie selbst nicht müde sich der Stereotypen immer wieder zu bedienen. Wenn sie sich gegen Ende dann auch noch dazu hinreißen lässt, pseudowissenschaftlich zu erklären, warum die Russinnen so schön, aber die Russen alle so hässlich sind, können durchaus Zweifel am Verstand der Autorin aufkommen.

Trotzdem enthält dieses Buch viel Wissenswertes über den „Russian way of Emanzipation“, Familie, Partnerschaft und auch über die Heiratswilligkeit der Russinnen gen Westen. Zu Ehen mit Ausländern und zu vielen anderen Themen werden interessante Statistiken bemüht, deren Herkunft jedoch allzu oft Boll-Palievskayas Geheimnis bleibt.

Die Kapitel sind mit Witzen, Anekdoten und Zitaten aus der russischen Alltagswelt bereichert. Auf diesem Weg gelingt es der Autorin neben klassischen Themen wie dem Schminkverhalten der Russinnen auch eher unbekannte aktuellere Entwicklungen, beispielsweise dem Frauenanteil in russischen Chefetagen oder der Jagd einiger Schönheiten nach dem Geld der Oligarchen, anschaulich zu beleuchten.

Das Loblied auf die Schönheit und Vollkommenheit der Russinnen in den beiden vorletzten Buchabschnitten kratzt etwas an dem vorher gezeichneten facettenreichen Bild. Dennoch bleibt am Ende die Erkenntnis, dass russische Frauen nicht nur alt oder schön, sondern sehr vielfältig und bunt sein können.

Den Abschluss bildet eine Warnung an alle deutschen Männer, sich die Ehe mit einer Russin allzu bequem vorzustellen und für diejenigen, die ihr Glück trotzdem versuchen wollen, hält Boll-Palievskaja noch einen Crashkurs in angemessenem Verhalten gegenüber einer russischen Frau parat.

Alles in allem ein amüsantes Werk für zwischendurch, das weit mehr über Russland vermittelt, als so manche TV-Dokumentation.

Daria Boll-Palievskaya: Russische Frauen – Innen- und Außenansichten, ISBN 978-3-8391-1149-9, BoD-Verlag Norderstedt, Oktober 2009, erschienen in der Reihe „Russisch & Russland von A bis Z“, 9,90€.

Tobias König, März 2010