In Deutschland hat fast jedes Dorf seine Kirche. Eine Stadt hat viele: kleine und große, schlichte und reich verzierte. In Halle gibt es etwa 35 Kirchen und oft sind diese wegen ihrer jahrhundertealten Geschichte der Anziehungspunkt für viele Touristen.

Die ältesten Kirchen wurden bis ins 11. Jahrhundert hinein im romanischen Stil errichtet. Kennzeichnend dafür sind Rundbogen an Fenstern und Portalen sowie zahlreiche Türme. Im 13. Jahrhundert setzte sich der gotische Baustil durch, den man an den Spitzbögen, dem Kreuzrippengewölbe, farbigen Glasfenstern und Plastiken erkennen kann.

Marienkirche

Die Marienkirche, auch Marktkirche oder Kirche „Unser lieben Frauen“ genannt, entstand ab 1529. Aber ihre Geschichte begann noch viel früher…

Die ehemalige Gertrudenkirche

Früher standen hier zwei kleine Kirchen: St. Gertruden im Westen (errichtet etwa 1064) und St. Marien im Osten (erbaut 1121-1137). Die Kirche St. Gertruden besuchten Salzleute im Tal zu Halle. St. Marien war gebaut für die Kaufleute der „Bergstadt“ und Handwerker. Jede Kirche hatte zwei Türme.

Im Mai 1529 einigten sich der Kardinal Albrecht, die Gemeindevertreter und der Rat der Stadt über einen Umbau der Kirchen. Beide Kirchenschiffe wurden abgerissen und die zwei stehen gebliebenen Turmpaare, die Blauen Türme und Hausmannstürme, durch ein neues Schiff im spätgotischen Stil verbunden. So entstand diese einzigartige Kirche, deren Türme zusammen mit dem Roten Turm die Stadtsilhouette von Halle prägen (die Stadt der „fünf Türme“). Die fünf Türme kann man fast von allen Stadtteilen aus sehen. Sie helfen jedem Touristen sich in der Stadt zurecht zu finden, weil sie den Weg in das Stadtzentrum weisen.

Die ehemalige Marienkirche

Sehr große Bedeutung hat diese Kirche für die Hallenser. Halles Bürgerschaft wandte sich bereits in der frühen Phase der Reformation dem Luthertum zu. Die erste lutherische Predigt hat hier 1541 der Wittenberger Gelehrte Justus Jonas gehalten. In Jahren 1545 und 1546 hat Luther hier selbst Gottes Wort verkündet. Und bis heute ist der größte Teil der halleschen Bevölkerung evangelisch.

In dieser Kirche wurde der Komponist Georg Friedrich Händel getauft, einer der großen Söhne von Halle, der die Stadt an der Saale in der ganzen Welt berühmt gemacht hat.

Im 20. Jahrhundert war dieses jahrhundertealte Erbe mehrmals Gefahr. Bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg wurde das Kirchendach zerschlagen. Zum Glück blieb die Bombe als Blindgänger im Kirchenschiff liegen. Erhebliche Schäden verursachte Pfingsten 1967 heißer Dampf, der aus der Fernheizung in die Kirche strömte. Heute sind umfangreiche Sanierungsarbeiten an der Marienkirche im Gange.

Der Dom

Unter einem Dom stellt man sich im Allgemeinen ein mächtiges Bauwerk mit hoch aufragenden Türmen vor. Halles turmloser Dom erscheint – gemessen an dieser Erwartungshaltung – sehr bescheiden. Das hat mit seiner Geschichte zu tun…

Der Hallesche Dom

Bereits im 13. Jahrhundert begannen die Dominikanermönche mit dem Bau ihrer Kirche. Die frühgotische Hallenkirche diente dem Kloster bis 1520. Dann ging sie in Besitz des Kardinals Albrecht über, der sie zur Kathedralkirche seines Erzbistums und zum Zentrum sakraler Prunkentfaltung erhoben hat. Die Umbauten Mitte des 16. Jahrhunderts im Inneren waren beträchtlich. Der Turm, der 1536 errichtet wurde, musste wieder wegen seiner unstabilen Konstruktion abgerissen werden, vielleicht waren auch eher politische Gründe ausschlaggebend. Denn im gleichen Jahr musste Albrecht mit Schimpf und Schande das zur Reformation „übergelaufene“ Halle verlassen. Und der Turm seiner Kathedralkirche mag den der Marienkirche bis dahin überragt haben… Seit 1541 wurde die Kirche evangelisch und hat seitdem mehrmals ihre Besitzer gewechselt und ihr Äußeres gewandelt.

In Jahren 1702 und 1703 konnte man hier Organmusik des jungen Georg Friedrich Händel genießen. Leider ist von dieser Orgel nichts erhalten; 1845 hat die Kirche eine neue Orgel von einem Halleschen Meister bekommen, die die alte abgelöst hat, die solche große kulturelle Bedeutung hatte.

Moritzkirche

Vor über 800 Jahren stand nicht weit von Altem Markt entfernt ein kleines schlichtes Gotteshaus, das von Salzleuten, Knechten und Augustinermönchen besucht wurde. 200 Jahre später (um 1388), als die Stadt durch den Salzhandel reich geworden war, wurde der Neubau einer größeren Kirche beschlossen.

Die reich verziehrte Ostseite

Angefangen hat man mit der Ostseite. Hier ist das Gebäude von plastisch-dekorativer Außenarchitektur geprägt: Maßwerk, Blendarkaden, Wimperge, schwebende Engel, Türmchen mit Kreuzblumenkronen. Leider ist von den 12 Apostelfiguren an der Wand keine einzige erhalten. An ihre Standorte erinnern nur noch die Konsolen und Baldachine.

Mit dem Bau der Westseite hat man in der Mitte des 15. Jahrhunderts angefangen. Zu der Zeit hatten die Mönche nicht mehr so viel Gold wie am Anfang der Bauarbeiten. Deswegen ist diese Seite sehr schlicht ausgeführt und unterscheidet sich wesentlich von der Ostseite. In der Westseite wurde auch ein massiver Turm eingebaut, der unvollendet geblieben ist. Nicht nur einmal versuchten die Hallenser den Turm zu vollenden. So wurde in der Mitte des 18 Jahrhunderts ein Turm errichtet, der dann aber in einen Nebenfluss der Saale stürzte, der unmittelbar unterhalb der Stadtmauer floss. So blieb noch eine Kirche in Halle ohne Turm.

Laurentiuskirche

Die kleine alte Kirche von einem alten Friedhof umgeben

In der Nähe des Botanischen Gartens findest du eine kleine alte Kirche, die von einem alten Friedhof umgeben ist. Vor 870 war sie Pfarrkirche eines kleinen Dorfes und gehörte einmal dem mächtigen Stift des Augustinerchores. 1531 wurde das Kloster aufgelöst und die Steine dienten zum Bau der „Neuen Residenz“ in der Nähe des Domplatzes. Die Kirche wurde immer noch stark besucht, weswegen sie in den nächsten Jahren mehrmals umgebaut werden musste. Im 19. Jahrhundert erhielt die Kirche eine fast vollständig neue Innenausstattung. Die Kirche brannte leider 1984 völlig aus. Von der Innenausstattung konnte nur der Taufstein mit dem Porträt des heiligen Laurentius rekonstruiert werden. Auf dem Friedhof befinden sich die Gräber hervorragender Universitätslehrer und das des sentimentalen Dichters August Lafontaine.

Ulrichskirche

Ulrichskirche. Heute ist es eine Konzerthalle.

Diese Kirche wurde ebenfalls von Mönchen errichtet, die vor das Galgtor der Stadt Halle zogen. Die Mönche waren sehr arm. Im Jahre 1339 begannen sie mit dem Bau ihres Gotteshauses und konnten es erst 171 Jahre später einweihen.

Seit 1976 dient diese Kirche in der Leipziger Straße als Konzerthalle. Sie ist nur zu Konzerten geöffnet. Dann kannst du auch die schöne Deckenmalerei aus dem 16. Jahrhundert bewundern.

Pauluskirche

Die Pauluskirche ist nicht so alt wie die zuvor genannten historischen Kirchen.

Die Pauluskirche gab dem Stadtviertel ihren Namen

Ausgangs des 19. Jahrhunderts dehnte sich die Stadt Halle stark aus und es entstand ein neues Stadtviertel, das Paulusviertel, wo sich das Großbürgertum ansiedelte. Und selbstverständlich brauchte das Viertel, wo 1895 bereits 9000 „Seelen“ wohnten, eine neue Kirche. Die Grundsteinlegung erfolgte 1900. Den großen Teil der Ausgaben (25000 von insgesamt 343000 RM) steuerte die Kaiserin Auguste Viktoria bei, so dass der Bau bereits in 3 Jahren vollendet werden konnte.

Der Turm der Pauluskirche ist 4,34 Meter höher als die „Blauen Spitzen“ der Marienkirche am Marktplatz. Die Kirche liegt auf einer Anhöhe, deswegen ist sie eine der dominierenden Bauten der Stadt. Dazu ist die Kirche das architektonische Zentrum des Viertels: von ihr gehen viele malerische Straßen und Gassen aus wie Sonnenstrahlen.

Die Kirchen in Halle sind eine Zierde der Stadt. Außerdem haben sie eine große historische Bedeutung, da sie sehr oft die Entwicklung der Stadt und ihr Schicksal mit bestimmten. Deswegen ist die Bekanntschaft mit ihnen eine Art Bekanntschaft mit der Geschichte von Halle, einer der schönsten Städte in Deutschland!

Inna Elshina, 07.06.05