Am Ende der ungewöhnlichen Kinovorstellung fühlte man sich ein wenig wie in eine andere Welt versetzt, aus der man plötzlich aufwacht, als alle um einen herum wieder Russisch sprechen. Bis dahin befand man sich in Gedanken in einem der vielen Stadtteile von Paris, der Hauptstadt des Abends. Anlässlich des Arthouse-Kinofestivals in Ufa wurde die Kurzfilmzusammenstellung „Paris, ich liebe Dich“ im Kino Rodina gezeigt und sorgte für Begeisterung im ausverkauften Saal.

In 18 Filmen von jeweils etwa fünf Minuten Länge wurde Paris’ Ruf als Stadt der Liebe von 21 namhaften Regisseuren künstlerisch umgesetzt. Zwar war die Liebe dabei das Grundthema, sie äußerte sich jedoch in den unterschiedlichsten Formen. Ein alterndes Ehepaar versucht sein Liebesleben mit Rollenspielen aufzupeppen, ein spanisches Kindermädchen gibt ihr eigenes Baby tagsüber in einer Krippe ab, um auf ein fremdes aufzupassen, ein amerikanischer Tourist gerät an einer Metrostation in eine skurrile Situation mit einem eifersüchtigen Liebhaber und ein junger Mann verfällt im nächtlichen Paris einer Vampirlady. Trotz relativ geringer Produktionskosten konnten Kinogrößen wie Gérard Depardieu, Juliette Binoche oder Elijah Woods für das Projekt gewonnen werden.

Auch der deutsche Regisseur Tom Tykwer leistete einen Beitrag zu diesem Gesamtkunstwerk. Sein Held Thomas ist blind. Trotzdem führt er eine glückliche Beziehung mit seiner Freundin (Natalie Portman), die ihn als angehende Schauspielerin immer wieder in Proben einbezieht und somit verwirrt. Ein kreatives, schnelles und pointenreiches Stück, das es schafft, den Zuschauer zu überraschen.

Während der 90 Minuten wird man immer wieder hin und her geworfen zwischen Trauer und Freude, Entsetzen und Mitgefühl, verwirrtem Kopfschütteln und bejahendem Nicken. Verarbeiten kann man keine der Episoden richtig, da die schnelle Abfolge keine Denkpause lässt. Aber man fällt in eine Art Trance, denn die 90 Minuten wirken wie ein Werbefilm für Paris. Das Flair der Stadt überträgt sich auf den Kinosaal und man befindet sich eineinhalb Stunden lang in Frankreich.

Elisabeth Lehmann, 21.04.07