Anfang August war es wieder soweit. Eine Gruppe russischer und deutscher Studenten trat voller Erwartungen die weite Reise in die Hauptstadt Baschkiriens, nach Ufa, an. Auch wenn sich unter den Teilnehmern einige befanden, die vielleicht schon einmal in Moskau oder St. Petersburg gewesen waren, war diese Reise, die die Teilnehmer bis in den Ural führte, eine nicht ganz gewöhnliche. So bot sie allen Beteiligten die Chance, mal eine ganz andere Kultur und Lebensweise kennen zu lernen.

So war schon die Anreise mit dem Zug eine außergewöhnliche Art und Weise die Strecke von 3500 km zurückzulegen. Auch wenn das bei einigen erst Skepsis hervorrief, schlug diese schnell in Begeisterung um. Nicht nur, dass man jeden Kilometer fühlen konnte, den man zurücklegte, man bekam auch den ersten Eindruck von der unendlichen Weite Russlands, durch die unberührte, wilde Natur, ob durch Birkenwälder hindurch oder über „Mütterchen“ Wolga hinweg.

So wurde diese Reise schon von Beginn an ein Erlebnis, was sich auch in Moskau fortsetzte. Dort legten wir einen Zwischenstop ein, wo wir zum Beispiel die Nacht auf chaotische Weise in einer katholischen Kirche in Schlafsäcken auf Isomatten verbrachten…

Abenteuerlich ging es auch in Ufa weiter, wo wir zunächst zwei Tage bei der Renovierung eines Kinderheimes halfen. Nicht nur, dass wir Mädels beigebracht bekamen, mit einfachsten Mitteln einen Raum in kürzester Zeit zu tapezieren oder versuchten von Farbe und Leim verdreckte Fenster mit kaltem Wasser zu putzen, unsere Männer hatten schon härter zuzupacken. So mussten sie Möbel in die fertigen Zimmer tragen, wohl eher schleppen, wenn man nach ihren Gesichtern urteilte. Aber der Höhepunkt wurde sicher damit erreicht, dass sie sehr waghalsig ein Gerüst ab- und an einer anderen Wand wieder aufbauen mussten. Trotzdem machte es allen Beteiligten Spaß, was sicher auch an der guten Beköstigung lag, die sowohl vor der Arbeit als auch danach auf uns wartete.

Unsere Transportmittel

Nach diesem kurzen Aufenthalt in Ufa ging es dann endlich auf die Paddeltour in den Ural. Zehn Tage paddelten wir den Nugush hinunter, vorbei an zwei-drei Dörfern durch eine wunderschöne und beeindruckende Landschaft. Auch wenn es anfangs ein paar Probleme gab, da der Wasserstand zu niedrig war und wir eher zu Fuß unterwegs waren, die Boote durchs Wasser ziehend, und der Regen noch sein übriges tat, wurden wir später durch wunderschönes Wetter belohnt und entschädigt. Und auch das Paddeln klappte dann.

Wir schrecken vor keinen Hindernissen zurück

Die bunt gemischte Gruppe aus russischen und deutschen Jugendlichen machte die ganze Tour zu einem Erlebnis. Ob nun tagsüber auf den Booten oder abends am Lagerfeuer – man wurde einfach von der russischen Mentalität gefangen genommen und mitgerissen. So verbrachten wir einmalig schöne Tage weit ab von jeglicher Zivilisation in der Wildnis des Urals, wo man gut und gerne Zeit und Raum vergessen konnte.

Am Tag mit Ruder, am Abend mit Gitarre

Dinge wie die russische Sauna „Banja“, die wir selbst am Ufer des Flusses bauten oder die baschkirische Hochzeit, die wir am letzten Abend inszenierten, die zahlreichen Abende am Lagerfeuer, wo wir den Klängen russischer und englischer Lieder, von Gitarre begleitet, lauschten und mitsangen und nicht zu vergessen den Vodka, der, wenn es kalt wurde, gute Dienste leistete. Solche Dinge werden wohl allen Teilnehmern unvergessen bleiben und sie beim Gedanken daran wehmütig in Erinnerungen schwelgen lassen.

Zurück in Ufa hieß es dann auch bald Abschied nehmen von den neu gefundenen russischen Freunden. Das nächste und letzte Ziel dieser vierwöchigen Reise stand bevor: St. Petersburg. Hierhin fuhr die deutsche Gruppe dann alleine nur in Begleitung zweier russischer Studentinnen. Hier machte sich dann auch eine Aufspaltung der Gruppe bemerkbar. Nach so langer Zeit des Zusammenseins kristallisierte sich nun schon heraus, wer mit wem besser konnte und es zeichnete sich ab, dass man nicht immer einer Meinung war, was aber nicht an der deutschdeutschen Verständigung lag (die deutsche Gruppe setzte sich aus Teilnehmern aus West- und Ostdeutschland zusammen), die besser klappte als vielleicht gedacht. So verselbständigte sich die Gruppe und jeder erkundigte nach seinem Belieben diese wunderschöne Stadt, die einfach für alle Geschmäcker etwas zu bieten hat: Museen, Kirchen, Theater für die ganz Kulturhungrigen, wunderschöne Paläste mit riesigen Parkanlagen in der näheren Umgebung Petersburgs für Genießer und Hobbyfotografen, belebte, vielfältige Einkaufsstraßen für die, die gerne ihr Geld loswerden wollten, sowie ein paar ganz ruhige Plätzchen an der Neva im Grünen, wo man einfach nur entspannen kann.

So verlebten die Teilnehmer noch eine sehenswürdigkeitsreiche Woche in St. Petersburg bevor es dann wieder mit dem Zug in Richtung Heimat ging. Wobei sicher einige dabei waren, die eher ungern in diesen Zug stiegen. Von den Erlebnissen des vierwöchigen Aufenthaltes geprägt, fiel es dem einen oder anderen schon schwer, von Russland Abschied zu nehmen. Die Reaktion der Teilnehmer nach dieser erlebnisreichen Tour sprechen für sich: von traumhaft über wunderbar bis einmalig werden diese nicht ganz gewöhnliche Reise und die Erinnerungen an sie wohl noch lange, nicht nur in den Köpfen sondern auch in den Herzen der Teilnehmer, präsent sein.

Steffi Kramer, 2000