Der Schauplatz für das außergewöhnliche Geschehen wirkt wenig einladend: ein heruntergekommenes Abrisshaus inmitten von Plattenbauten im Ufaer Stadtteil Sipailowo. Nach und nach findet sich eine kleine, aber spezielle Gemeinde in der fensterlosen Ruine ein. Wie sie vom heutigen Event erfahren haben? Ein Eintrag im Live-Journal, einem Blog-Portal. Der Rest verbreitete sich über Mundpropaganda.

Was genau stattfinden soll, weiß so gut wie keiner der Anwesenden. „Ich weiß nicht, ich bin zum ersten Mal hier. Eine Feuershow hab ich gehört“, erklärt ein Besucher. Und dann endlich die ersten Anzeichen von einer Aufführung. Artur, der Organisator des Ganzen, balanciert über das Gerippe aus Wänden, auf denen ehemals ein Dach auflag. In der linken Hand hält er eine Flasche, in der rechten eine Fackel. Aus seinem Mund schlagen meterhohe Flammen. Doch noch ist alles nur Probe.

Erst gegen 22:30 Uhr werden die Gäste in einen anderen Raum gebeten. Über eine aus alten Fenstern gebastelte Leiter klettern sie ins Obergeschoss, wo bereits etliche Kameras aufgebaut sind. Das Geschehen selbst wird in der Etage darunter stattfinden, in die man dank der fehlenden Decke schauen kann. Zwei Gestalten treten auf. Eine in schwarz, die andere in weiß. Es herrscht Stille unter den Zuschauern, die gebannt ins untere Geschoss starren. Eine Szene wird aufgeführt, ohne Worte, schwer zu verstehen. Dennoch ernten die Darsteller Beifall.

Entspannt wartet Nastja auf ihren Auftritt. Auch sie weiß nicht so richtig, was heute Abend eigentlich gemacht werden soll, obwohl sie auf den Eintrittskarten als Organisatorin aufgeführt ist. „Artur hat mich angerufen, ob wir unsere Show zeigen können.“ Diese besteht aus Kunststücken mit brennenden Fackeln und Feuerkugeln in Kombination mit Tanzelementen. „Normalerweise werden wir von Discos oder Clubs gebucht. Solche Veranstaltungen hier sind eher selten“, merkt die 20-Jährige an, die im normalen Leben Biologie studiert. Das Treffen heute ist schon das dritte dieser Art. Warum sie es organisieren? „Eigentlich nur für uns selbst, um unsere künstlerischen Ideen auszudrücken.“

Dazu kommt es aber an diesem Abend nicht mehr – zumindest nicht in der gewählten Kulisse. Eine Sirene ertönt, Polizisten nähern sich dem Schauplatz, der nun umgehend geräumt werden muss, obwohl sich auch in den umliegenden Plattenbauten bereits eine Fangemeinde gebildet hatte, die dem Geschehen vom Fenster aus beiwohnen wollte.

Artur steigt auf eine Wand und bittet kurz um Aufmerksamkeit. Er unterrichtet alle Anwesenden über den geplanten Umzug zum Flussufer, wo die Show dann wie geplant stattfinden soll. Der Reihe nach steigen alle die selbstgebaute Treppe wieder hinunter, doch aus Angst vor Mücken kapitulieren dann doch einige vor dem Marsch zum Fluss. Der Rest wird entschädigt durch eine Aufführung, die alle Erwartungen übersteigt und auch einen Großteil der gefürchteten Mücken vertreibt.

Elisabeth Lehmann, 21.06.2007