Am 03.12.2005 fand in Halle eine alternative Russendisco statt

Wir waren eigentlich mehr an der annoncierten Lesung zum Thema „Neurussische Mythen“ interessiert. Die ganze Geschichte begann mit langer Suche. Es fällt ja schwer, eine Bar zu finden, wo man niemals gewesen ist, besonders, wenn es keinen Aushang und überhaupt keine anderen Kennzeichen gibt. „Hühner-Manhattan“ ist ein ziemlich verwahrloster Ort, aber es hat sein eigenes Flair- In Ufa ist etwas Ähnliches gar nicht anzutreffen. Stellt Euch vor – ein Riesensaal, hie und da stehen unterschiedliche Tische und Stühle, irgendwelche Sitzbänke, Strandkörbe, brüchiges Parkett, mit Bildern an den Wänden …

Wir wurden mit einem verwunderten „Hier-findet-alles-auf-Russisch-statt“ empfangen – „Umso besser“, antworteten wir in der Muttersprache

Es waren nicht so viele Leute da. Ehrlich gesagt, waren wir zu Zweit, ein Deutscher namens Peter, DJ vom Radiocorax Jura und der Vorleser Sewa. Sewa hat Wirtschaftswissenschaften in Woronesh studiert und jetzt macht er sein Studium hier in Halle weiter. Ein Gespräch über neurussische politische Mythologie zu führen, hatte ihn eine große Anzahl von verschiedenen Mutmaßungen über den heutigen politischen und wirtschaftlichen Stand Russlands veranlasst. Unter den russischen Umsiedlern, und nicht nur unter ihnen, gäbe es viele verschiedene, sagen wir, „Vorstellungen“ über das moderne Russland, über Erdöl und andere Gründe für wirtschaftliches Wachstum, über die Oligarchen, über den Zerfall der UdSSR, über das „beraubte Land“, so Sewa… Diese Irrmeinungen versuchte er zu verjagen. Jedoch, wie ich schon gesagt habe, rief diese Lesung kein großes Interesse hervor. Ich weiß nicht, aber für uns war es interessant…

Nach der Lesung fand die Russendisco statt. Erinnert Euch an die Beschreibung des Saals im ersten Absatz. Erinnert? Jetzt vergesst es – das war nur die Bar, da werden keine Discos durchgeführt. „Die Polizei kommt oft“, sagte DJ Jura. „Alles findet unten statt.“ Dieses „Unten“ ist ein großer und fast leerer Keller mit Wänden aus Backstein und mit Maskennetz hie und da. So sieht eigentlich der «underground» aus.

Was die Musik angeht… Sie war ganz hörenswert – wenigstens um einen Eindruck vom russischen Ska-Punk zu bekommen. Jedoch bleibt es im Unklaren, wie man dabei tanzen soll. Die Deutschen waren aber begeistert))

Wir gingen ziemlich früh weg – die innere Uhr trieb, die immer noch die aus Ufa war. Die Disco dauerte aber bis zum frühen Morgen an…

D.Mukhametkulov, A.Vasiljev