Gestern konnte ich Zeuge eines Events werden, welches ich nicht unkommentiert lassen möchte. In Russland ist es üblich, dass Studenten von verschiedenen Universitäten Kinderheime besuchen, Wettkämpfe durchführen, Programme aufführen oder einfach nur mit den Kiddis spielen. So eine kleine Gruppe von Studenten sind auch die Kandidaten für den diesjährigen Jugendaustausch zwischen Ufa und Halle, der vom Verein Freunde Baschkortostans e.V. organisiert wird. Schon seit Jahren ist es Tradition, dass diese Kandidaten, bevor sie nach Deutschland fahren dürfen, als sozusagen 1. Bewährungsprobe solch ein Projekt durchführen.

Und so stellten die 15-20 Studenten der Baschkirischen Staatlichen Universität (BGU) ein Programm auf die Beine, welches sich wirklich sehen ließ. Das Kinderheim, welches wir besuchten liegt ca. eine Stunde vom Zentrum Ufas entfernt in einem etwas abgelegeneren Stadtteil. Die Wahl fiel auf dieses Kinderheim Nr. 9, da zwischen ihm und dem Verein sowie der BGU eine Partnerschaft besteht.

Der erste Programmpunkt war das Spielen mit den Kleinen. Diese warteten schon gespannt und voller Aufregung in einem kleinen Turnsaal auf unsere Ankunft. Die Studenten hatten sich tolle Spiele ausgedacht bzw. gewählt, und die Kinder waren Feuer und Flamme. Einige Spiele hatte ich noch aus meiner Kindheit in Deutschland in Erinnerung, während ich andere noch weniger als die ca. 5-jährigen Kiddis verstand. So spielten wir z.B. ein Spiel, welches mir unter dem Namen “Rucki Zucki“ bekannt ist, und eines, wo die Kinder gegen Luftballons ankämpften, die nicht den Boden berühren durften. Sie mussten Tierlaute den richtigen Tieren zuordnen, und was ich daraus lernen konnte, war, dass der russische Hund nicht “wau wau“ oder “wuff wuff“, sondern “gaff gaff“ macht. So spielten wir eine ganze Weile, bis wir dann selbst zu Tieren wurden und die Kleinen auf uns reiten durften. So sah man dann Katzen durchs Zimmer schleichen, Pferde galoppieren und Tiger und Löwen umherschreiten. Erschöpft und verschwitzt vom Herumtoben, aber glücklich und zufrieden, mussten wir dann leider gehen, denn der nächste Programmpunkt für die Größeren stand jetzt auf dem Plan. Für sie wurde in einer kleinen Aula ein Programm, bestehend aus Liedern, Witzen, kleinen Geschichten, Tanz und natürlich wieder Spielen, bei denen es kleine Preise zu gewinnen gab, aufgeführt. Ein Spiel, was ich nicht kannte und besonders toll und niedlich fand ist das “Küsschenspiel“. Freiwillige Kinder setzten sich im Kreis und ein Kind begann seinem rechten Nachbar ein Küsschen auf die Wange zu geben, der wiederum seinem Nachbar und so ging es reihum. Dazu spielte Musik und wenn diese stoppte, musste derjenige, der als letztes geküsst wurde und selbst noch nicht geküsst hat, ausscheiden.

Am Ende des gelungenen Programms bekam jedes Kind ein Kuscheltier, und auch andere Geschenke wurden verteilt, sodass nun auch die Großen glücklich und zufrieden waren. An diesem Nachmittag haben wir mit wenigen Mitteln und ohne großer Mühe zahlreiche Kinderaugen zum Strahlen gebracht. Die Kinder sind über jede kleine Geste glücklich; es müssen keine Geschenke sein. Einfach nur Zuneigung reicht aus. Und jeder sollte einmal in sich hineinhorchen, ob er nicht ein bisschen Zeit opfern kann, um diesen Kindern ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.

23.04.06 Katrin Hennig