Es krachte laut, und eines der Stockwerke des Berliner Hauptbahnhofs füllte sich mit Rauch. Aber der Knall der Rakete ging im allgemeinen Lärm unter. Daran war auf keinen Fall der ankommende Zug schuld, ihn konnte man übrigens auch kaum hören. Die Fußballfans fuhren nach Hause.

Im Zug fand das Ganze seine Fortsetzung: Schreie, Pfiffe, lautstark äußerte sich die ziemlich betrunkene deutsche Seele. Aus allen Ecken hörte man die Sprüche und Gesänge der Fans, irgendwelche Sirenen; man sah überall deutsche Fahnen, und all dass schlich sich sogar hinter die Kopfhörer vom Mp3-Player. Was war los? In München gewann die deutsche Nationalmannschaft im Spiel gegen Schweden zwei zu null und erreichte damit die Viertelfinale der WM 2006.

Ein kleiner Fan

In Deutschland ist Fußball sehr beliebt. Wenn ihr denkt, dass es in Russland viele Fußballfans gibt, dann irrt ihr euch. Es ist in Deutschland, wo es viele Fans gibt. Sehr viele. Ehrlich gesagt ist das ganze Land voll Fans.

Das ganze letzte Jahr war Deutschland auf die WM gespannt. Schon zu Weihnachten konnte man T-Shirts, Jacken, Taschen, Anhänger, Bälle und Tassen kaufen… kurzum, alles, was das Herz begehrt. Und überall war natürlich das Zeichen der kommenden WM 2006 drauf. Der Löwe Goleo, das Maskottchen der Weltmeisterschaft, wurde allgegenwärtig. Er guckte euch von Bildschirmen, Plakaten, T-Shirts und Schaufenstern an…

Die WM ist für Deutsche nicht nur ein Sportwettkamf, wie die Olympischen Spiele. Es ist ebenso eine besondere Wirtschaftsbranche, sowie auch eine „Volkskrankheit“. Man ist immer auf dem Laufenden, sogar wenn man keinen Fernseher hat. Man kann sich einfach nicht davor verstecken. Um den aktuellen Stand der Dinge zu erfahren, braucht man nur auf die Straße zu gehen :)))

Auto von Fans der deutschen Nationalmannschaft

Für die Fußballfans ist es eigentlich das Paradies. In allen Großstädten sind auf großen Plätzen Bildschirme montiert. In Berlin am Brandenburger Tor auf der Fanmeile kamen am Tag des Achtelfinales ‚Deutschland – Schweden‘ mehr als 700.000 Leute. Das ist fast eine Viertel der Einwohner Berlins, falls es jemand nicht weiß. Und dabei sei noch zu erwähnen, dass das Spiel selbst in München stattfand. Was dort los war, ist kaum zu glauben und sich vorzustellen.

Eine Flasche Bier ist ein unabdingbares Attribut des Fußballfans. Gott sei dank, ist hier der Genuss von Bier in der Öffentlichkeit nicht verboten, wie es in Russland der Fall ist. Wie können die Deutschen Unruhen vermeiden? Obwohl es sehr kindisch klingt: Sie können sich einfach nur benehmen. Die Fußballfans sind sehr unterschiedlich: Man kann Männern und Frauen, Kindern und Erwachsenen begegnen; denn das Fußballfieber hat alle gepackt. Aber niemand überschreitet die Grenzen des Erlaubten. Man kann aus vollem Halse schreien, Lieder singen, mit Fahnen winken, aber keinesfalls eine Schlägerei anzetteln oder Passanten dumm machen. Denn auch bei der Fußballsucht gibt es Grenzen. Und die Deutschen, denen wir begegnet sind, lassen dies nie aus der Sicht.

Inzwischen rückt die WM ihrem Ende entgegen. Bis zum Finale in Berlin bleibt immer weniger Zeit. Bald werden einige der deutschen Fahnen aus den Straßen verschwinden. Jetzt sind sie auf Schritt und Tritt anzutreffen, sie sind fast an jedem Haus, fast an jedem Auto. Noch ist die Kugel des Berliner Fernsehturms wie ein Ball gestrichen, doch bald bekommt sie ihre stahlgraue Farbe zurück. Bald fahren die Mengen der Fußballfans aus ganz Europa heim. Bald ist es soweit, sehr bald …

Andrey Vasiliev, Dmitriy Mukhametkulov, 25.06.2006